Das CNIG rekonstruiert digital die Landschaft der Insel La Palma nach einem verheerenden Vulkanausbruch
Ein bedeutender Vulkanausbruch auf den Kanarischen Inseln
Der Vulkan, der den Cumbre-Vieja-Rücken auf der spanischen Kanareninsel La Palma bildet, brach im September 2021 nach einer 50-jährigen Ruhephase aus und verursachte damit eines der zerstörerischsten vulkanischen Ereignisse auf dem Archipel seit 500 Jahren. Mit einer Dauer von 85 Tagen verursachte der Vulkanausbruch Schätzungen zufolge Schäden in Höhe von bis zu 843 Millionen EUR an der Infrastruktur der Insel.
Der Vulkan, der Lava bis zu 500 Meter hoch ausspuckte und dessen Lavastrom quer über die Insel verlief, zerstörte Gebäude, Städte und etwa 350 Hektar Bananenplantagen. Außerdem wurden mehr als 2.500 Häuser zerstört, wodurch 7.000 Einwohner evakuiert werden mussten. Der Ausbruch forderte keine Menschenleben, doch nun gilt es, die Gemeinden wiederaufzubauen und zu ermitteln, wie Tausende von Menschen, die an den Hängen des Bergrückens leben, am besten vor künftigen Katastrophen geschützt werden können.
Das Centro Nacional de Informacion Geografica (Nationales Geografisches Institut, CNIG), das für die Erstellung der amtlichen Kartografie Spaniens und die Verwaltung, Pflege und Weitergabe von geografischen und räumlichen Daten zuständig ist, wurde beauftragt, den aktuellen Zustand von La Palma nach dem Vulkanausbruch 2021 zu ermitteln. „Bei dem Projekt ging es darum, ein realistisches Landschaftsbild der neuen Orografie der Insel La Palma nach den Veränderungen zu erhalten, die durch den letzten Ausbruch der Cumbre Vieja zwischen dem 19. September und dem 13. Dezember 2021 verursacht wurden“, sagte Celia Sevilla, Leiterin für internationale Projekte beim CNIG. Das ursprüngliche Ziel des Projekts war die Erstellung eines digitalen Kartografiemodells, das beim Wiederaufbau der Insel helfen sollte. Als weiteres Ziel sollte das virtuelle Modell als Hilfsmittel für die Ausarbeitung von Schutz- und Managementplänen zur Sicherung von Gemeinden und Infrastrukturen entwickelt werden, um die Widerstandsfähigkeit der Insel gegenüber Naturkatastrophen zu verbessern.
Einbindung von Daten und Modellen aus verschiedenen Quellen
Um eine genaue digitale Darstellung der neuen Orografie von La Palma zu erhalten, musste das CNIG zwei Modelle zusammenführen. Das erste Modell wurde aus vorhandenen Luftaufnahmen der Insel mit einem Bodenabstandsmaß von 25 Zentimetern gewonnen. Das zweite Modell wurde anhand von 14.000 Drohnenaufnahmen mit einer hochauflösenden Bodenpixelgröße von 5 Zentimetern erstellt, die sich auf das betroffene Gebiet, einschließlich der Krater und Lavaströme, konzentrierten. Die Integration der beiden verschiedenen Datentypen mit sehr unterschiedlichen geometrischen Auflösungen stellte eine Herausforderung dar, die durch die Unregelmäßigkeit der Oberfläche und das Verschwinden identifizierbarer Punkte auf dem Boden aufgrund der Lava zusätzlich erschwert wurde. „Die größte Herausforderung war die Integration sehr unterschiedlicher Auflösungen sowie die Suche und Lokalisierung identifizierbarer Punkte für die Georeferenzierung, da durch die Lavaströme ein Großteil des Landes in diesem Gebiet verschwunden war“, sagt Sevilla.
Neben der von der Lava betroffenen Topografie und den Problemen bei der Datenintegration stand das CNIG auch unter Zeitdruck. Die Organisation musste in kürzester Zeit ein genaues Realitätsmodell und einen digitalen Zwilling erstellen. Aus dem digitalen Zwilling musste auch ein aktualisiertes digitales Höhenmodell erstellt werden, um die vom spanischen Instituto Geográfico Nacional (Nationales Geografisches Institut) veröffentlichte offizielle Kartografie zu korrigieren. Diese ist sowohl digital über das Download-Center des CNIG, Kartenviewer und mobile Anwendungen als auch als gedruckte Version zugänglich. Um die umfangreichen Vermessungsdaten und Modelle mit unterschiedlichen Auflösungen schnell in eine realistische, vielseitig einsetzbare digitale Landschaft zu integrieren, benötigte das CNIG eine umfassende und flexible Technologie für das Reality Modeling.
Nutzung von ContextCapture für die Landschaftsmodellierung
Aufgrund früherer Erfahrungen bei anderen Projekten entschied sich das CNIG für ContextCapture, um die Luftbilder, mit denen die gesamte Insel vor dem Ausbruch erfasst wurde, mit den Drohnenbildern zu integrieren, die während der aktiven Zeit des Vulkans aufgenommen wurden. Mit diesem Verfahren konnte die neue Insellandschaft digital rekonstruiert werden. Mithilfe der Reality-Modeling-Anwendung von Bentley konnten die unterschiedlichen Auflösungen in eine einzige Landschaft eingebunden werden. „ContextCapture hat die Entwicklung von Modellen aus einer großen Anzahl von Fotos perfekt gelöst und gleichzeitig die Integration verschiedener Datenquellen mit unterschiedlichen Auflösungen ermöglicht“, so Sevilla.
Dank der Flexibilität, der Interoperabilität und der fortschrittlichen Verarbeitungsfunktionen der Software konnte das CNIG die 14.000 hochauflösenden Drohnenaufnahmen schnell mit den Fotos mit geringerer Auflösung zu einem präzisen digitalen Zwillingsmodell einer einzigen Landschaft zusammenführen. Das Model ermöglicht die virtuelle Untersuchung des Gebiets und die Planung der Entwicklung neuer Infrastrukturen.
Digitaler Zwilling treibt die virtuelle Planung und den Wiederaufbau voran
Die Anwendung von ContextCapture bot eine schnelle, einfache und kosteneffiziente Lösung, die sowohl die Ziele des CNIG bei der Landschaftsrekonstruktion als auch die aktuellen kartografischen Anforderungen erfüllte. Die Erstellung eines digitalen Zwillings ermöglicht eine multifunktionale Lösung, die Informationen für Behörden und die Öffentlichkeit für verschiedene Anwendungen leicht zugänglich macht. Dank der einfachen digitalen Rekonstruktion des Gebiets kann die Regierung die Bürger nun regelmäßig informieren.
„Das neue Erscheinungsbild der Insel La Palma lässt sich den Bürgern am schnellsten, am besten und am genauesten anhand eines Realitätsmodells zeigen“, sagte Sevilla. Die auf Bentley basierende digitale Lösung reduziert die Umweltauswirkungen manueller Vor-Ort-Methoden, spart Zeit und Kosten und bietet den Bürgern auf sichere und flexible Weise einen Einblick in den aktuellen Zustand ihrer Grundstücke und Häuser.
Durch die Digitalisierung des Projekts konnte das Untersuchungsgebiet virtuell betreten werden, das aufgrund von Sicherheits- und Umweltschutzfragen physisch nicht zugänglich ist. Das Modell erleichtert die virtuelle Rekonstruktion und die Planung für den Wiederaufbau der Infrastruktur und die Vorbereitung auf ähnliche Ereignisse wie den Ausbruch der Cumbre Vieja. Es ermöglicht die Umsetzung proaktiver Schutz- und Managementpläne, Menschen und Eigentum vor zukünftigen Naturkatastrophen zu schützen. „Die Schnelligkeit der Datenerfassung, die Einfachheit der Verarbeitung und die anschließende Integration in das bestehende Modell machen diese Methode zu einer Option für künftige Ereignisse“, sagte Sevilla.
Projektübersicht
Unternehmen: Centro Nacional de Informacion Geografica (CNIG)
Lösung: Vermessung und Überwachung
Standort: La Palma, Santa Cruz de Tenerife, Spanien
Projektziele:
- Erstellung eines digitalen Zwillings der Insel, um den Wiederaufbau und die Wiederherstellung der Infrastruktur zu planen.
- Förderung der Digitalisierung bei der Festlegung von Katastrophenschutz- und -managementplänen, um die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen.
- Projektspezifisches Playbook: ContextCapture, MicroStation
Kurzinformation
- Im Jahr 2021 brach die Cumbre Vieja auf La Palma aus und verursachte die größte jemals verzeichnete Vulkaneruption auf der Insel.
- Das CNIG hatte die Aufgabe, ein digitales, realistisches Bild der Insel nach den vom Vulkanausbruch verursachten Veränderungen zu erstellen.
- Mithilfe von ContextCapture führte das CNIG 14.000 von Drohnen aufgenommene Bilder mit Fotos niedriger Auflösung in einem einzigen, präzisen digitalen Zwilling zusammen.
ROI
- Durch die Verwendung der Reality-Modeling-Anwendung von Bentley konnten Zeit und Kosten gespart und gleichzeitig die Umweltbelastung gemindert werden.
Weitere Informationen: www.bentley.com
Autorin: Aude Camus. Aude Camus ist Senior Product Marketing Manager, Reality Modeling, bei Bentley Systems. Sie ist Absolventin der SKEMA Business School in Frankreich und verfügt über fast 15 Jahre Erfahrung im Vertrieb und Marketing von Ingenieur- und Geodaten-Software. Bild Bentley Systems
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