06
März
2025

Digitale Souveränität: Mehr als nur Datenhoheit

Statement von Jürgen Schomakers, CEO von Esri Deutschland

Ob Exportbeschränkungen auf Tech-Güter oder Project Stargate: Die dynamische Digitalpolitik der USA verdeutlicht, welchen Stellenwert Daten als Wirtschaftsgut inzwischen auf dem internationalen Parkett innehaben. Damit gewinnt auch bei uns das Thema Digitale Souveränität, also die selbstbestimmte Kontrolle über Daten, an neuer Brisanz.

Copyright: Esri
Jürgen Schomakers, CEO von Esri Deutschland. Copyright: Esri

Im öffentlichen Diskurs wird Digitale Souveränität gerne auf die technisch-juristische Frage reduziert: „Wo sind meine Daten gespeichert?“ Dabei greift diese Thematik viel weiter. Die eigentliche Frage lautet doch: „Befähigen mich die Daten in der Form, wie sie mir zur Verfügung stehen, zu selbständigen sinnvollen Entscheidungen?“ Denn im Zentrum der Digitalen Souveränität steht die Fähigkeit, datenbasiert fundierte Entscheidungen zu treffen. Das gilt für Privatpersonen ebenso wie für Unternehmen, gemeinnützige Organisationen oder öffentliche Einrichtungen. Wie sieht der Weg dorthin aus? „Selbständig, selbstbestimmt und sicher: Die Verarbeitung der für die Verwaltung notwendigen Daten muss durch zeitgemäße, funktionale und vertrauenswürdige Informationstechnik gewährleistet werden“, fordert in diesem Kontext der CIO des Bundes.

Mündige Entscheidungen brauchen den richtigen Rahmen

Besonders deutlich zeigt sich dieser Aspekt der Digitalen Souveränität am Beispiel von raumbezogenen Daten. Diese dienen als essenzielle Entscheidungsbasis: im öffentlichen Sektor unter anderem für die Stadtentwicklung, Mobilitäts- und Infrastrukturplanung sowie Krisenprävention, in der Privatwirtschaft für die Planung von Prozessen oder Standorten, die Förderung von Nachhaltigkeit oder das Risikomanagement. Über Branchen und Sektoren hinweg bilden raumbezogene Daten das Fundament resilienter Infrastrukturen und umsichtiger Entscheidungen.

Die wahre Digitale Souveränität liegt nicht nur in der Speicherung, also im reinen „Besitzen“ der Daten, sondern auch in der technischen und fachlichen Fähigkeit, sie sinnvoll auszuwerten, um schlussendlich einen positiven Effekt auf die „reale“ Welt zu erzielen. Mit einem geografischen Informationssystem (GIS) kann beispielsweise eine Stadt oder Kommune die vorliegenden Daten visualisieren und analysieren, und diese in wertvolle Informationen und Wissen umwandeln – auch für Politik und Zivilbevölkerung.

Die Verbindung von geografischen Daten und Sachdaten erleichtert die GeoAI-gestützte Risikoanalyse und -prävention im Rahmen eines ganzheitlichen Gefahrenmanagements. Das betrifft beispielsweise Hochwassergebiete, in denen ein GIS den Verlauf des Wasserflusses auf Basis von Wetterprognosen simulieren kann. Aber auch zum Beispiel ein ganzheitliches Gefahrenmanagement in Hochwassergebieten – von der Vorsorge und Vorbereitung bis hin zu Bewältigung und Nachbereitung. Auch die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr, etwa Feuerwehr und Rettungskräfte, profitiert beim Schutz kritischer Infrastrukturen von einer konsolidierten Datenbasis.

Technologieoffenheit als Schlüssel

Zur Digitalen Souveränität im Sinne eines mündigen Umgangs mit Daten gehört in diesem Zusammenhang der niederschwellige Zugang zu Informationen für einen größeren Personenkreis. Besonders relevant ist dies für Kommunen, die sich derzeit in einem Spannungsfeld zwischen Digitalisierungsbedarf, Kostendruck und Fachkräftemangel bewegen.

Letzterer droht sich mit Eintritt der Babyboomer-Generation in den Ruhestand weiter zu verschärfen. Der demokratische Zugang zu Daten und deren Interpretation mithilfe von KI und anderen digitalen Tools wird zunehmend wichtiger, um digital souveräne Verwaltungen zu etablieren. Umso wichtiger ist es vor diesem Hintergrund auch, eine flexible, interoperable und sichere GIS-Infrastruktur aufzubauen, die langfristige Entscheidungsfreiheit garantiert. Dafür braucht es offene Schnittstellen, regulatorische Weitsicht und eine IT-Strategie, die Technologievielfalt fördert.

Unter diesem Blickwinkel betrachtet, löst sich auch die vermeintliche Dichotomie zwischen Open-Source- und proprietären Ansätzen rasch auf. In dem Bestreben, technologische Abhängigkeiten zu reduzieren und Interoperabilität sicherzustellen, wird Digitale Souveränität oftmals mit einer vollständigen Abkehr von proprietären Lösungen gleichgesetzt. Ein „Entweder oder“ wird der Praxis jedoch nicht gerecht. Ein technologieoffener Ansatz vereint die Stärken des gesamten, wettbewerbsfähigen Marktes: Plattformen bieten die erforderlichen Standards, erfüllen Sicherheits- und Supportanforderungen verlässlich, können aber gleichzeitig über Schnittstellen und geprüfte, integrierte Open-Source-Technologie auch mit einem hohen Maß an Flexibilität und Communities aufwarten. Vor diesem Hintergrund hilft Technologieoffenheit, einen demokratischen, wettbewerbsfähigen Markt zu gestalten und sein gesamtes Innovationspotenzial auszuschöpfen.


Über Jürgen Schomakers

Jürgen Schomakers ist CEO der Esri Deutschland GmbH und verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der IT- und Geodatenbranche. Unter seiner Leitung treibt Esri die Entwicklung von Echtzeit-Analysen, 3D-Visualisierungen und die Integration von Künstlicher Intelligenz voran, um innovative GIS-Lösungen bereitzustellen.

Weitere Informationen:  Esri Deutschland und Esri Schweiz.

 

 

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