Diamant-Kristall mit NV-Spins, Credit © XeedQ GmbH
Fehler im Diamantkristall
Perfekte Diamanten bestehen aus einem makellosen Gitter von miteinander verbundenen Kohlenstoffatomen. Eine Stickstoff-Fehlstelle ist eine Störung in diesem Kristallgitter. Sie kann auch natürlich vorkommen. Diamanten mit besonders vielen Stickstoffatomen sind gelblich gefärbt. Für Quantencomputer werden ausschließlich synthetische Diamanten verwendet. Künstlich in das Kristallgitter eingebrachte Stickstoffatome ersetzen Kohlenstoffatome auf deren Gitterplätzen. Wenn sich diese Stickstoff-Fremdatome mit einem benachbarten leeren Gitterplatz verbinden, entstehen NV-Zentren.
„Solche Qubits haben den Vorteil, dass sie bei Raumtemperatur funktionieren. Dies erweitert den potenziellen Einsatzbereich dieser Quantencomputer deutlich. Andere Systeme, etwa mit supraleitenden Schaltkreisen, können nur bei sehr tiefen Temperaturen betrieben werden“, erklärt Dr. Robert Axmann, Leiter der DLR Quantencomputing-Initiative (QCI). NV-Quantenprozessoren gelten als leicht und mobil. Ihr Einsatz ist in Zukunft auch in Flugzeugen oder Satelliten denkbar.
Eine der aktuell größten Herausforderungen bei dieser Technologie liegt darin, mehrere geeignete NV-Zentren in geringem Abstand zu platzieren. Erst dann können sie effektiv miteinander verschränkt werden, was die Voraussetzung für einen Quantencomputer ist.
Laserlicht zum Auslesen der Quanteninformationen, Credit: © SaxonQ GmbH / Swen Reichhold
SaxonQ und XeedQ arbeiten mit unterschiedlichen Ansätzen
SaxonQ erzeugt die NV-Zentren mit einer eigens entwickelten Technik knapp unter der Oberfläche des Diamantkristalls. Diese Technologie verspricht eine hohe Präzision bei der gezielten Anordnung von NV-Zentren.
XeedQ ordnet die NV-Zentren in einer dreidimensionalen Struktur im Diamantkristall an, so dass sich eine gegenseitige Wechselwirkung ergibt. Zusammen mit einem speziellen Ausleseverfahren wird so der Bau eines skalierbaren Quantencomputers möglich.
In einer ersten Phase entsteht zeitnah in beiden Projekten jeweils ein Demonstrator-System mit mindestens vier Qubits. In späteren Phasen erfolgt die Entwicklung zu größeren Systemen: Nach vier Jahren soll der Bau von Quantencomputern mit mehr als 32 Qubits abgeschlossen sein, die skalierbar und fehlerkorrigierbar sind. Alle Systeme werden in den Laboren des DLR-Innovationszentrums Ulm integriert und betrieben.
Synergien mit weiteren Projekten in Ulm und Hamburg
In Ulm und im DLR-Innovationszentrum Hamburg bestehen enge Synergien mit weiteren Projekten in der DLR-Quantencomputing-Initiative. Eine Ausschreibung zum Thema Spin Enabling Technologien fokussiert auf Teilsysteme und Hilfstechnologien für spinbasiertes Quantencomputing. Die NV-Quantencomputer-Hersteller profitieren von der reproduzierbaren Herstellung und Charakterisierung der Qubit-Hardware, an der gemeinsam gearbeitet wird.
„Das DLR baut ein Quantenökosystem auf, in dem sich Forschung, Industrie und Start-ups gegenseitig ergänzen. Dabei verfolgt die DLR Quantencomputing-Initiative unterschiedliche technologische Ansätze, um diese zu evaluieren und für vielfältige Anwendungen einzusetzen. So lassen sich die Vor- und Nachteile verschiedener Architekturen für Quantencomputer erforschen“, sagt Dr. Karla Loida, Projektleiterin in der DLR Quantencomputing-Initiative. Kürzlich hat das DLR bereits Aufträge für die Entwicklung von Ionenfallen-Systemen und photonischen Systemen vergeben.
Die DLR Quantencomputing-Initiative
Im Rahmen der DLR Quantencomputing-Initiative werden innerhalb der nächsten vier Jahre prototypische Quantencomputer unterschiedlicher Architekturen gebaut. Außerdem werden die damit verbundenen Technologien und Anwendungen entwickelt. Das DLR bindet Unternehmen, Start-ups und andere Forschungseinrichtungen ein, um gemeinsam die Arbeiten voranzutreiben.
Das DLR wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit Ressourcen ausgestattet und vergibt in großem Umfang Aufträge an Unternehmen. Das DLR bringt die eigenen Fähigkeiten und Fragestellungen in Forschung und Entwicklung ein und fokussiert auf den Transfer in die Wirtschaft.
Schnelle Berechnungen mit Quantenbits
Quantencomputer sind eine wichtige Technologie für die Zukunft: Sie können Berechnungen und Simulationen auf spezifischen Einsatzgebieten wesentlich schneller als klassische Supercomputer durchführen. Ihr Einsatz ist zum Beispiel im Verkehrs- und Energiebereich, aber ebenso bei der Grundlagenforschung oder dem Betrieb von Satelliten möglich. Quantencomputer nutzen quantenmechanische Effekte wie Verschränkung und Überlagerung aus: Ihre Quantenbits (Qubits) können die Zustände 0 und 1 gleichzeitig einnehmen – und nicht nur nacheinander, wie die klassischen Computer. Das wiederum macht Quantencomputer so leistungsfähig. Im DLR arbeiten über ein Dutzend Institute an der Entwicklung und Erforschung von Quantentechnologien. Auch im DLR besteht ein großer Bedarf, in Zukunft an und mit Quantencomputern zu forschen.