Mit Tricks zur besseren inneren Landkarte
ERC Advanced Grant
Wir werden immer abhängiger von digitaler Navigation. Frank Dickmann, Inhaber der Professur Kartographie am Geographischen Institut der Ruhr-Universität Bochum, untersucht, wie wir trotzdem zu guter Orientierung gelangen können.
Waren wir früher an einem unbekannten Ort unterwegs, verschaffte uns der Blick auf eine gedruckte Landkarte einen guten Eindruck unserer Umgebung, den wir in unserer inneren Karte festhalten konnten, um uns daran zu orientieren. Lassen wir uns heute von Navigationsapps leiten, ist die Karte in unseren Köpfen lückenhaft und ungenau, die Orientierung lässt zu wünschen übrig. Wie man digitale Karten verbessern kann, um unserem Gehirn auf die Sprünge zu helfen, untersucht Prof. Dr. Frank Dickmann, Inhaber der Professur Kartographie am Geographischen Institut der Ruhr-Universität Bochum in seinem Advanced Grant „A novel approach to improved navigation performance through memory triggering maps“, kurz InnerMap. Sein Projekt wird vom Europäischen Forschungsrat (ERC) für fünf Jahre mit 2,5 Millionen Euro gefördert.
Effizientere Karten entwickeln
Navigationssysteme in Autos oder Mobiltelefonen spielen eine immer wichtigere Rolle bei der räumlichen Orientierung und Navigation. „Die kognitive Karte, die bei der Verwendung digitaler Navigationsgeräte im Kopf der Nutzenden entsteht, ist jedoch viel fragmentierter, unvollständiger und ungenauer als die räumlichen Vorstellungen, die beim Lesen einer herkömmlichen gedruckten Karte entstehen“, so Frank Dickmann. „Da die Abhängigkeit von digitalen Geräten immer größer wird, besteht ein dringender Entwicklungsbedarf nach effizienteren Kartendarstellungen in Navigationssystemen, die die Orientierungsfähigkeit fördern, statt sie zu reduzieren.“
Um diesem Defizit zu begegnen, möchte er mithilfe des ERC Grants kartografische Visualisierungen entwickeln, die auf interne Gehirnprozesse aufbauen. Neurowissenschaftliche Studien haben Gehirnzellen wie place cells und grid cells identifiziert, deren Aktivitätsmuster mit Navigationsprozessen in Verbindung stehen. So konnte bei Tierversuchen und indirekt auch bei Menschen gezeigt werden, wie Umweltreize wie Wände oder Grenzen die Aktivität von grid cells im Gehirn beeinflussen.
Gehirnzellen zum Feuern anregen
„Die grundsätzliche Wirkung solcher Strukturen auf die Zellaktivierung könnte genutzt werden, um das Orientierungsvermögen zu verbessern“, plant Frank Dickmann. Denn die räumlich-orientierten Zellen sind bei Menschen nicht nur während der Bewegung im Raum aktiv, sondern auch dann, wenn die Bewegung lediglich imaginiert wird, wie etwa beim Kartenlesen. „Wir können daher davon ausgehen, dass sich die Aktivität von grid cells im Gehirn auch durch Kartenzeichen, die beim Lesen einer (Bildschirm-)Karte wahrgenommen werden, stabilisieren lässt“, erklärt der Forscher. Dazu werden markante Linien oder grafische Muster auf der Karte eingetragen, die geeignet sind, das Feuern von grid cells zu unterstützen. Die Navigation mit Karten, die mit einer solchen Zellaktivierung einhergehen, könnte somit den Aufbau der inneren Karte erheblich beschleunigen und zu einer verbesserten Gedächtnisleistung führen.
Um Visualisierungsmechanismen zu identifizieren, die die Zellaktivitäten im menschlichen Gehirn unterstützen, sind zahlreiche empirische Studien vorgesehen. Dabei werden die funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT), elektroenzephalografische (EEG) Messungen, virtuelle Realität und auch Verhaltensstudien (Eye Tracking) zum Einsatz kommen. „Wenn es gelingt nachzuweisen, dass sich eine verbesserte räumliche Gedächtnisleistung erzielen lässt, könnte dies unser Verständnis von Navigations- und Kartenleseprozessen nachhaltig erweitern“, so Frank Dickmann. „Die Ergebnisse könnten auf das gesamte Spektrum kartografischer Visualisierungen anwendbar sein, zum Beispiel in Autos, Flugzeugen oder mobilen Geräten wie Tablet- oder Mobiltelefonanwendungen.“
Weitere Informationen: www.geos.ruhr-uni-bochum.de
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